Haftpflichtschaden: gegnerische Haftpflichtversicherung reagiert nicht auf Anwaltsschreiben – Klageveranlassung?

I. Allgemein


Im Rahmen von unverschuldeten Haftpflichtschäden stellt sich regelmäßig die Frage, wann und unter welchen Voraussetzungen der Klageweg beschritten werden kann, wenn die gegnerische Haftpflichtversicherung nicht einen unverschuldeten Haftpflichtschaden reguliert oder überhaupt keine Reaktion zeigt.


Bei einfach gelagerten Fällen steht der gegnerischen Haftpflichtversicherung zur Regulierung des entstandenen Sachschadens ein Prüfungszeitraum von 4 - 6 Wochen grundsätzlich zu.


Ist die Prüfungsfrist abgelaufen und keine Regulierung erfolgt, trägt die gegnerische Haftpflichtversicherung die Kosten eines eingeleiteten Gerichtsverfahrens, unabhängig davon, ob diese im Rahmen des Verfahrens reguliert und ein sogenanntes „sofortiges Anerkenntnis“ abgibt.



II. Keinerlei Reaktion auf Anwaltsschreiben – Klageberechtigung?


Das OLG Karlsruhe hatte sich mit Entscheidung vom 27.09.2019, Az. 9 W 37/19 mit der Frage zu befassen, ob die gegnerische Haftpflichtversicherung Anlass zur Klageerhebung gegeben hat, da diese auf drei Anwaltsschreiben innerhalb der gesetzten Fristen überhaupt nicht reagiert hat.


Besonderheit war, dass die Prüffrist (4 - 6 Wochen) im vorliegenden Fall nicht abgelaufen war.


Der Tenor des OLG Karlsruhe ist, dass wenn die Haftpflichtversicherung überhaupt nicht auf mehrere Anwaltsschreiben innerhalb gesetzter Fristen reagiert, der Geschädigte nicht mehr darauf vertrauen kann und muss, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung in der Lage und bereit ist, den Sachschaden zu regulieren.


Das erstinstanzlich abgegebene sofortige Anerkenntnis half in diesem Fall der gegnerischen Haftpflichtversicherung nicht, die Haftpflichtversicherung trug die Kostenlast vollumfänglich.



III. Fazit


Bedauerlicherweise stellt sich die Fragestellung, wann unter Verwahrung gegen die Kostenlast, Klage gegen die gegnerische Haftpflichtversicherung bei unverschuldeten Haftpflichtschäden eingereicht werden darf, als ein „Flickenteppich“ dar.


Beispielsweise entschied das OLG Celle mit Urteil vom 23.07.2019, Az. 14 U 180/18, dass solange die Prüffrist (4 - 6 Wochen) noch nicht abgelaufen ist, keine Klageveranlassung gegeben ist.


Nichtsdestotrotz empfiehlt sich bei der Vorgehensweise des Schadensmanagements, per Anwaltsschreiben unter zweiwöchiger Fristsetzung an die gegnerische Haftpflichtversicherung heranzutreten, um – unabhängig des weiteren Vorgehens – eine Reaktion zu erhalten.


Dies ist allein vor dem Hintergrund, dass der Versicherungsnehmer/Schädiger somit angehalten wird, möglichst zeitnah eine entsprechende Schadensmeldung gegenüber der eigenen Haftpflichtversicherung abzugeben.



gez. Rechtsanwalt Fischer, 20.04.2020



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Andreas Fischer

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Familienrecht
Master of Business Administration (MBA)
Zertifizierter Berater für Mergers & Acquisitions


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