Modifizierter Zugewinnausgleich betreffend Betriebsvermögen im Rahmen eines Ehevertrages


Das OLG Frankfurt a.M. vertritt mit Hinweisbeschluss vom 13.01.2020, Az: 8 UF 115/19 die rechtlich überzeugende Ansicht, dass der Zugewinn durch Ehevertrag dahingehend modifiziert werden kann, dass das Betriebsvermögen aus dem Zugewinnausgleich ausgenommen werden kann und dies einer Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle standhält (vgl. BGH, NJW 2013, 2753).


Infolgedessen besteht bezüglich des dem Zugewinnausgleich entzogenen Betriebsvermögens kein Anspruch auf Auskunftserteilung.


Im vorliegenden Fall ging es um getrennt lebende Eheleute, die im Vorfeld per notariellem Vertrag den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft modifiziert hatten. Im Rahmen der güterrechtlichen Regelungen wurde vereinbart, dass gewillkürtes Betriebsvermögen, Sonderbetriebsvermögen sowie Gesellschafterdarlehen dem Zugewinn entzogen wurden. Das bedeutet, dass das Betriebsvermögen bei keinem der Ehegatten bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs berücksichtigt wird, auch dann nicht, wenn sich ein entsprechend negativer Betrag ergeben würde. Es handelt sich insoweit um einen umfassenden Ausschluss, da sich die Herausnahme des Betriebsvermögens auch auf die Wertsteigerungen oder Verluste dieses Vermögens und auf Surrogate erstreckt.


Die Ehefrau vertrat die Ansicht, dass der zugrundeliegende notarielle Vertrag unwirksam sei.


Weiter begehrte die Ehefrau auch Auskunft betreffend des Betriebsvermögens (im vorliegenden Fall Steuerberaterkanzlei).


Im vorliegenden Fall ist festzuhalten, dass der notarielle Vertrag einer Wirksamkeitskontrolle nach § 138 BGB und einer Ausübungskontrolle nach § 242 BGB standhält. Maßgebend hierfür ist, dass der Zugewinn eine Materie außerhalb des sogenannten Kernbereichs des Scheidungsfolgenrechts darstellt und eine weitgehende Dispositionsfreiheit der Eheleute besteht.


Weiteres Argument hierfür ist, dass die Eheleute den Zugewinnausgleich insgesamt ausschließen, mithin den Güterstand der Gütertrennung vereinbaren oder alternativ einzelne Vermögenswerte dem Zugewinnausgleich vorenthalten hätten können.


Dies hätte im Umkehrschluss bedeutet, dass auch im Rahmen der Gütertrennung keine Auskunftsverpflichtung bestanden hätte.


Fazit:


Durch entsprechende kautelarjuristische Gestaltung im Ehevertrag betreffend der Modifikation des Zugewinns ist es grundsätzlich rechtlich nicht zu beanstanden, dass vormaliges Privatvermögen durch Schaffung von gewillkürtem Betriebsvermögen dem Zugewinnausgleich entzogen wird. Damit einhergehend besteht eine erhebliche Manipulationsmöglichkeit.


Um entsprechende Manipulationsmöglichkeiten auszuschließen, empfiehlt es sich, bei der Vertragsgestaltung von Eheverträgen auf die einzelnen Fallstricke durch Vertragsgestaltung zu reagieren.


Es bieten sich insoweit verschiedene Lösungen der vorgenannten Fragestellungen an. Beispielsweise kann vertraglich vereinbart werden, dass Investitionen auf das vom Zugewinn ausgenommene Vermögen ausschließlich aus Erträgen möglich sein sollen, welche noch nicht in das Privatvermögen des Unternehmers gelangt sind. Andererseits ist die Interessenlage des Unternehmers zu beachten, wonach dieser gegebenenfalls ein Interesse daran hat, insbesondere aus Haftungsgründen entsprechende Gewinne aus der unternehmerischen Tätigkeit zu entnehmen.


Weitere Möglichkeiten bestehen in der Klauselgestaltung, z. B. eine Vereinbarung einer Frist vor Beginn des Getrenntlebens, innerhalb derer Veränderungen der Vermögensmassen nicht mehr berücksichtigt werden. Auch hier ist wiederum zu berücksichtigen, dass die Klausel auch betriebsnotwendige Verwendungen erfassen würde.


Es wäre insoweit auf die betriebliche Notwendigkeit bei der Klauselgestaltung abzustellen.


Als weiteres Instrumentarium kommt in Betracht, dass ein privates Konto für den Unternehmer unter Berücksichtigung eines Höchstbetrages definiert wird, um mit den dort enthaltenen Beträgen Reinvestitionen in das Unternehmen oder Aufwendungen zu tätigen.


Vorgemachte Ausführungen sollen insbesondere das Augenmerk darauf richten, dass bei entsprechender kautelarjuristischer Vertragsgestaltung die Interessen beider Ehegatten im Rahmen eines Ehevertrages zur Vermeidung von Manipulationen abzubilden sind. Es gilt insoweit der Grundsatz, dass ein ausgewogener harmonisierter Ehevertrag unabhängig davon, ob Regelungen im Rahmen des Kernbereichs oder außerhalb vorgenommen werden, schwerlich unwirksam sein kann.


Gesondert soll an dieser Stelle auf die Problematik des sogenannten „Umkippens“ des Zugewinnausgleichs aufgrund gegenständlicher Herausnahme von Betriebsvermögen hingewiesen werden.


Es besteht ohne entsprechendes Problembewusstsein, mithin ohne entsprechende kautelarjuristische Gestaltung, bei der allgemeinen Herausnahme von Betriebsvermögen aus dem Zugewinnausgleich die latente Gefahr, dass der Unternehmergatte aufgrund der allgemeinen Herausnahme von Betriebsvermögen einen geringeren Zugewinn während der Ehezeit erwirtschaftet, sodass diesem ein Zugewinnausgleich gegen den anderen zustehen würde, obwohl er bei Berücksichtigung der Beteiligung/des Betriebsvermögens einen deutlich höheren Zugewinn erzielt hätte.


Diese Konstellation droht insbesondere in den Fällen, in denen vergessen wird, auch betrieblich veranlasste Verbindlichkeiten vom Zugewinn auszunehmen.


Andererseits ist in gleicher Weise auszuführen, dass auch für den Unternehmerehegatten zwingend eine Klausel vorzusehen ist, wonach ein Ausgleichsanspruch dann nicht ausgeschlossen ist, wenn sich dieser auch bei voller Berücksichtigung des vom Zugewinnausgleich ausgenommenen Vermögens errechnen würde.


Es handelt sich um Fallkonstellationen, bei denen die Beteiligungen an dem Unternehmen/Betriebsvermögen wertlos geworden sind.


Gerade in den aktuellen COVID-19-Pandemiezeiten ist die latente Gefahr eines Wertverlustes von Unternehmensbeteiligungen nicht von der Hand zu weisen.



17.03.2021 gez. Rechtsanwalt Fischer


 

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Andreas Fischer

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Familienrecht
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