Fragestellung zur Erstattungsfähigkeit von Abschleppkosten nach Polizeiauftrag

Mit Urteil vom 25.04.2019 beschäftigte sich das LG Chemnitz (Az. 3 S 1/18) mit dem Dreiecksverhältnis Polizei/Kfz-Eigentümer/Abschleppunternehmen betreffend die Erstattungsfähigkeit von Standgeld.


Zum Verständnis ist die Frage der Erstattungsfähigkeit von Standgeld in 3 Phasen zu unterteilen.


(I) Zeitraum vor Freigabe des beschlagnahmten Fahrzeugs durch die Polizei.


(II) Zeitraum von Freigabe bis zur Weigerung des Abschleppunternehmens, den Pkw ohne Zahlung von Standgeld an den Kfz-Eigentümer herauszugeben.


(III) Zeitraum weiter Verwahrung gegen den Willen des abhol-, aber nicht zahlungswilligen Kfz-Eigentümers.


(Phase I):


Bis zur Freigabe durch die Polizei besteht ein öffentlich-rechtliches Verwahrungsverhältnis. Entsprechend können keine Ansprüche des Abschleppunternehmens gegen den Kfz-Eigentümer geltend gemacht werden.


(Phase II):


Die wechselseitigen Ansprüche in dieser Phase richten sich nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag.


Das Aufbewahren des Pkws an einem sicheren Standplatz entspricht dem mutmaßlichen Willen eines Kfz-Eigentümers.


Dem Abschleppunternehmen steht daher ein Aufwendungsersatzanspruch gegen den Kfz-Eigentümer zu. Dieser Anspruch begründet zudem ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 2 BGB.


(Phase III):


In diesem Zeitraum liegt der manifestierte Wille des Kfz-Eigentümers gegenüber dem Abschleppunternehmen, dass dieser sich gegen die Weiterverwahrung des Kfz ausspricht, vor.


Ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag scheidet danach aus.


Das Abschleppunternehmen hat hingegen gegen den Kfz-Eigentümer einen Anspruch auf Erstattung weiterer Standkosten unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs (§ 304 BGB).



Wichtig hierbei ist, dass der Anspruch auf Erstattung weiterer Standkosten diesbezüglich auf die geschäftsüblichen Standgebühren sowie die Höhe des Werts Fahrzeugs begrenzt ist.


Kernaussage 


Ein Kfz-Eigentümer, dessen Fahrzeug nach Auftrag der Polizei durch ein Abschleppunternehmen auf dessen Werksgelände abgeschleppt wurde, hat die Möglichkeit, die Ausübung des dem Abschleppunternehmen zustehenden Zurückbehaltungsrechts durch Sicherheitsleistung abzuwenden (vgl. § 273 Abs.3 S.1 BGB).


In diesem Fall stehen dem Kfz-Eigentümer Ansprüche aus Verzug (Nutzungsausfall, Anwaltskosten) zu.


Aus Sicht des Kfz-Abschleppunternehmens gestaltet sich die Situation dergestalt, dass bei der Höhe der geltend zu machenden Standgeldkosten gegenüber dem Kfz-Eigentümer der Wert des Kfz als maximale Obergrenze zu beachten ist, mithin nach wenigen Monaten erreicht sein kann.


In jedem Fall ist dringendst anzuraten, den Kfz-Eigentümer in Annahmeverzug, insbesondere aus Gründen der Gefahrtragung (Diebstahl, Beschädigung, etc.), zu versetzen.


In jedem Fall hat der Abschleppunternehmer einen Erstattungsanspruch aus § 304 BGB (Phase III) bei Annahme einer Abholpflicht.


Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass zudem die Möglichkeit des Selbsthilfeverkaufs durch öffentliche Versteigerung (§ 383 Abs.1, 3 BGB) besteht.


In diesem Fall besteht keine Notwendigkeit, die Zustimmung des Kfz-Eigentümers oder gar eines Gerichts einzuholen.

Ihr Rechtsanwalt zu diesem Schwerpunkt:

Andreas Fischer

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Familienrecht
Master of Business Administration (MBA)
Zertifizierter Berater für Mergers & Acquisitions


Tätigkeitsschwerpunkte:

  • Familienrecht
  • Unternehmensnachfolge
  • Verkehrsrecht
  • Zivil- und Gesellschaftsrecht