Wer zahlt die Kosten der Bucheinsicht eines Handelsvertreters?

Ein Handelsvertreter hat nach § 87 c Abs. 4 HGB das Recht, wenn der Unternehmer den Buchauszug verweigert oder begründete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des vorgelegten Buchauszugs bestehen, zu verlangen, dass nach Wahl des Unternehmers entweder dem Handelsvertreter oder einem von diesem zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen Einsicht in die Geschäftsbücher gewährt wird.


Als Vertragspartner des Wirtschaftsprüfers oder des vereidigten Buchsachverständigen trägt hingegen zunächst der Handelsvertreter die Kosten der Bucheinsicht (vgl. Baumbach/Hopt/Hopt, Rdn. 27, HGB). Der Handelsvertreter kann gem. § 280 BGB vom Unternehmer die Kosten als Schadensersatz wegen Verletzung der Abrechnungspflicht erstattet verlangen, wenn der Unternehmer überhaupt nicht abgerechnet hat oder sich aufgrund der Bucheinsicht die Unrichtigkeit der Abrechnung oder des Auszugs ergibt. Wichtig hierbei ist, dass bereits im Vorfeld bekannte Unrichtigkeiten eines etwaig vorgelegten Buchauszugs des Unternehmers einen Schadensersatzanspruch begründen, da es zu dieser Feststellung einer Bucheinsicht nicht bedarf.


Mit vorgenannter BGH-Entscheidung schiebt dieser dem Handelsvertreter einen Riegel dahingehend vor, dass dieser nicht dazu übergehen kann, auf den vorgelegten bezweifelten Buchauszug einen Offenbarungseid abverlangen zu können. Der BGH führt aus, dass die Verurteilung zum Offenbarungseid die äußerste und in ihrem Erfolg vielfach fragwürdigste Möglichkeit ist, zuverlässige Rechnungslegung, Auskunft oder Buchauszug zu erzwingen.


Daher kann ein Handelsvertreter die Verurteilung zum Offenbarungseid auf einen vorgelegten Buchauszug nicht verlangen, solange dem Handelsvertreter eine bessere und leichter zum Ziel führende Möglichkeit offensteht, sich über die Richtigkeit eines Buchauszugs zu vergewissern.


Diese Möglichkeit besteht für den Handelsvertreter in genanntem § 87 c Abs. 4 HGB mit dem gewährten Anspruch auf Bucheinsicht.


Ein Offenbarungseid über die Richtigkeit des dem Handelsvertreter erteilten Buchauszugs besteht demnach weitergedacht in entsprechender Anwendung der §§ 259, 260 BGB unter der Voraussetzung, dass der Handelsvertreter die ihm durch § 87 c Abs. 4 HGB eröffnete Möglichkeit zur Nachprüfung des Buchauszugs erfolglos ausgeschöpft hat, das bedeutet, dass wenn bspw. auch die Bucheinsicht keine Klarheit gebracht hat oder wenn Bücher, die eingesehen werden könnten, nicht vorhanden sind.


Zusammenfassend kann ausgeführt werden, dass der Anspruch auf Offenbarungseid dem Anspruch auf Bucheinsicht subsidiär, mithin nachgeordnet ist. Die Subsidiarität ergibt sich daraus, dass sowohl der Anspruch auf Buchauszug als auch der Anspruch auf Bucheinsicht Hilfsansprüche zur Durchsetzung des dem Handelsvertreter zustehenden Provisionsanspruchs sind. Der BGH führt entsprechend aus, dass es daher sachgerecht ist, dass von den beiden zur Verfügung stehenden Hilfsansprüchen zuerst derjenige zum Zuge kommt, der regelmäßig dem Gläubiger größeren Erfolg verspricht und zugleich den Schuldner weniger beschwert.

18.05.2020 gez. Rechtsanwalt Fischer



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Andreas Fischer

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Familienrecht
Master of Business Administration (MBA)
Zertifizierter Berater für Mergers & Acquisitions


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